505 Weltmeisterschaft 2023 in San Francisco

Text: Alexander Holzapfel, Bilder: Christophe Favreau, Alexander Holzapfel, OpenStreetMap

Vor solcher Kulisse segeln, die man sonst aus dem Kino kennt: Aufkreuzen zur Golden Gate Bridge und unter Spi Richtung Alcatraz. So waren die Bedingungen der diesjährigen 505er Weltmeisterschaft.

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Alcatraz
Golden Gate Bridge
Von Alcatraz zur Golden Gate
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Dass muss alles mit.
Ordnung muss sein.

Möglich macht dies eine zuverlässige Thermik, die ab mittags aus West einsetzt und zum Nachmittag immer stärker wird, also mit moderaten 10 Knoten (3 Bft) bis kräftigen 30 Knoten (7 Bft). Eine gewisse Grundwindstärke ist allerdings auch erforderlich, da der Gezeitenstrom an manchen Stellen auf dem Parcours gerne mal 4-5 Knoten ausmacht, wie wir teilweise leidvoll erfahren durften. Und besonders tückisch wird dann die Kombination Wind gegen Strom. Dabei strömt es rein stärker nördlich (also Richtung Luvtonne rechts auf dem Parcours) und raus stärker südlich (also links).

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Strom an der Tonne
Spi und Golden Gate

Die 505er starten bei allen großen Regatten grundsätzlich im Torstartverfahren. Somit war die Taktik eigentlich relativ einfach: Mit viel Geschwindigkeit möglichst früh hinter dem Pfadfinder/Torboot starten, um nach links nach Süden (schwächerer Gegenstrom oder stärkerer Schiebestrom) zu kommen. Theoretisch wussten dies recht viele der insgesamt 60 Mannschaften, so dass der Andrang am Beginn der Startlinie immer ziemlich stark war. Allerdings sollte man bei auslaufendem Strom nicht zu früh da sein, da man ansonsten an der Starttonne vorbei nach Luv gedrückt wird.

505er wm alexander holzapfel
Spi und Nebel

Bei Wettfahrt 1 und 2 am Tag 1 verschätzten wir die Verschiebung des Pfadfinders nach Luv dermaßen, dass wir jeweils zu spät an der Startlinie waren. Ergänzt wurde das Nachstartphasenchaos in Wettfahrt 1 durch dichten Nebel, der das Sichten der Luvmarke erschwerte. Mühsam kämpften wir uns wieder nach vorne, ein guter Platz war leider aber nicht mehr drin: Plätze 20 und 28.

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Rodeo Abwurf
Rodeo gut

Tag 2 begann gleich mit ca. 18 Knoten, nicht optimal für unser geringeres Mannschaftsgewicht und gut für schwerere Teams, da man auch bei Fehlern nicht gleich umkippt: Platz 25 in Wettfahrt 3. Zum Rennen 4 hatte der Wind bereits enorm zugenommen auf bis zu 30 Knoten, dabei stand Wind gegen Strom, so dass wir uns bei der steilen Welle eher auf einem Rodeo fühlten als auf einem Segelboot. Wir starteten recht passabel und rockten mit maximal flach getrimmten Segeln und stark gefiertem Schwert über die Wellen, dies noch gesteigert nach der Luvtonne mit gesetztem Spi. Um uns herum weißes Wasser und gekenterte Boote. Und es hätte auch alles so ausnahmslos schön sein können, wenn wir nicht auf dem zweiten Spigang in den TopTen liegend nach der Halse gekentert wären. So kamen wir nur als 24. ins Ziel.

An Tag 3 begrüßten uns entspannte 10-12 Knoten für die 5. Wettfahrt und mit Platz 14 fühlten wir uns wir wieder etwas besser. Der Dämpfer folgte sogleich, als der Pfadfinder (und späterer Sieger dieser Wettfahrt) just an unserem Startplatz entlassen wurde, über uns wendete und wir sogleich auf die benachteiligte rechte Seite hinter alle anderen gezwungen wurden. Der spätere Zieldurchgang als 20. musste hart erkämpft werden.

505er wm alexander holzapfel
Spi in voller Fahrt

Nach wohlverdientem Ruhetag mit Besichtigung von Alcatraz und Chinatown ging es an Renntag 4 bei Wind um 10 Knoten weiter. Wir starteten sehr früh, fuhren in Lee bei dem „hochknüppelnden“ polnischen Team durch und kamen oben als Dritte am Luvfass an. Bedauerlicherweise wendeten wir auf den darauffolgenden Kreuzen immer etwas zu spät, erreichten mit Überhöhe die Luvtonne und verloren einige Plätze: Immerhin Platz 10, was uns die Pfadfinderposition in Rennen 8 bescherte. Dadurch mussten wir zwar zuerst nach rechts, trotzdem kamen wir letztlich ganz gut raus mit Platz 12. Leicht drehende Winde und der Gezeitenwechsel auf der Bahn erforderten volle Konzentration.

Die Erfahrungen des vierten Renntages hinsichtlich frühen Wendens Richtung Luvfass/Reviermitte nahmen wir mit in den letzten Tag. Bedauerlicherweise musste man bei weniger Wind und mehr Strom konsequent genau gegenteilig mit Überhöhe Richtung Luvtonne fahren, den Schwung mitnehmen und die Tonne runden. Bis wir das richtig kapiert bzw. verinnerlicht hatten, hatten wir leider auch unsere TopTen Position in Rennen 9 wieder verspielt und wurden 19. Neben anderen berührten wir mal die Luvtonne oder kreuzten beständig im Strom daneben: recht frustierend. Im letzten Rennen gelang uns leider auch nichts Weltbewegendes: Platz 22. Interessante Erfahrung an diesem Tag war zudem die Durchfahrt des Leegates, das im starken Strom lag: Man musste mit Spi am Leegate vorbei fahren und diesen fast erst auf dem Kreuzkurs einpacken, da man ansonsten sofort im Leegate wieder nach Luv gedrückt worden wäre.

Ausgerichtet wurde die WM durch den St. Francis Yacht Club, einer der professionellsten Vereine der Welt, der bereits mehrfach den America’s Cup sowie andere Hochkaräter der Regattawelt veranstaltet hatte. Und einer der nobelsten: Uniformierte Mitarbeiter im Gastronmiebereich gibt es ja auch in anderen Vereinen, aber das Zurverfügungstellen von Handtüchern, verschiedenen Pflegeprodukten wie z.B. Duschgel aber auch Einwegrasierer und Rasierschaum war für mich äußerst ungewöhnlich.

Weltmeister wurden die amerikanischen Altmeister Mike Martin / Adam Lowry vor ihren Sparringspartnern Eric Anderson / Nic Baird, die zur Vorbereitung schon gemeinsam ca. 200 Wassertage auf dem Revier verbracht hatten. Das Podium komplettierten die Amerikaner Mike Holt / Carl Smit, aus Kalifornien stammend und ebenfalls mit vielen Trainingstagen vor Ort. Wir wurden recht enttäuschend 20., nachdem wir bei etwas moderateren Bedingungen die PreWorlds, die gleichzeitig Nordamerikanische Meisterschaft war und bei der fast alle WM-Teilnehmer bereits mitgesegelt waren, noch als 9. beendet hatten. Dennoch waren die Erlebnisse einzigartig und die WM alles in allem eine großartige Erfahrung.

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Yosemite Park
Lake Tahoe

Abgerundet wurde der Aufenthalt im Anschluss mit einer guten Woche Wandern und Radfahren im Yosemite Park, am Lake Tahoe und in der San Francisco Bay Area.


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